Silicon Valley ist alles!
Das ominöse und von Jedem hoch angepriesene Silicon Valley. In Sachen Digitalisierung, sollte man sich dort ein Beispiel nehmen, wird immer wieder empfohlen. Die deutsche Unternehmenskultur ist aber eine ganz Andere. Das wird gerne vergessen. Die Qualitäten und die Einstellung unterscheidet sich von der der US-Amerikaner. Während die Amerikaner für ihren Unternehmergeist bekannt sind, liegt bei den Deutschen der Fokus eher auf Qualität und Ingenieurskunst. Der Weg den das Silicon Valley geht, ist also nicht zwangsläufig der richtige Weg für die deutschen Unternehmen, wenn es um die Digitalisierung geht.
In Deutschland gibt es – gerade im Mittelstand – ein enormes Digitalisierungspotenzial. Der Mittelstand ist in Deutschland stärker als über all sonst auf der Welt. Es arbeiten teilweise noch unterforderte helle Köpfe dort. Darüber hinaus kennen wir Deutschland als bedeutenden Player für wissenschaftliche und wirtschaftliche Erfolge. Das erste Auto, das erste Flugzeug, das erste Glasfaserkabel.
Mut und Entdeckergeist haben die Deutschen also. Diese Eigenschaften müssen die Deutschen nun wiederfinden, denn im Zeitalter der Digitalisierung sind dies sehr wichtige Eigenschaften. Wer sich Heute nicht traut neue Wege zu gehen, wird Morgen abgehängt sein. Märkte, Produkte und Dienstleistungen verändern sich rasend schnell. In diesem Kontext können die Letzten schnell die Ersten sein und was viel schlimmer wäre: die Ersten könnten die Letzten werden und anschließend ganz verschwinden. Ohne in Stress und Panik zu verfallen gilt es daher ständig aufmerksam zu sein, zu beobachten und zu entwickeln.
Eine Einstellung die wir hier „gesunde Paranoia“ nennen. Alarmbereitschaft und Gelassenheit in einem. Um sich diese Eigenschaft zuzulegen gibt es unterschiedlichste Methoden. Ein Newsroom ist eine Methode. Hierbei werden alle Kommunikationsabteilugen zusammengelegt. Alle relevanten Kanäle wie social Media, Nachrichtendienste etc. werden rund um die Uhr überwacht, damit keine Neuerung oder politische Entwicklung mehr verpasst werden.
Oder regelmäßige Workshops in denen die Mitarbeiter ihren Gedanken freien Lauf lassen können. Nach dem Motto „Was wäre wenn?“ um über potenzielle Gefahren nachzudenken. So kann sich das Unternehmen auf kommende Krisen vorbereiten.
Die Unternehmenskultur ist dabei ein entscheidender Faktor für den Erfolg
Stellen wir uns vor, wir befinden uns auf einem Wochenmarkt und wir haben Lust auf eine Orangenlimonade. Es gibt zwei Stände. An dem einen steht eine griesgrämig dreinblickende Verkäuferin, die ständig auf ihrem Handy tippt. An dem anderen Stand hingegen läuft Musik, die Verkäufer sind freundlich und die Limo gibts in bunten recyclebaren Bechern. Es ist relativ schnell klar, an welchem stand wir unsere Limo holen werden.
Ob am Limostand oder im Supermarkt – wie die Angestellten auftreten, hängt meist von der Unternehmenskultur ab. Umso erstaunlicher ist es, dass dieser Wert in vielen großen Unternehmen immer noch unterschätzt wird. Was zählt, ist die freundliche Individualität, die dem Kunden nach und nach als Identität des Unternehmens erscheint.
In Deutschland haben wir diesbezüglich einen hohen Nachholbedarf. Viele Unternehmen schreiben sich zwar bestimmte Werte auf die Fahne, das Problem dabei ist aber, dass diese Werte überall gleich klingen. Im Beispiel mit der Limo ist es „erfrischend“ und „ohne zucker“, in den deutschen Unternehmen sind es dann „Verantwortung, Zuverlässigkeit und Respekt“. Diese Werte sind natürlich nicht verkehrt, aber man hebt sich mit ihnen auch nicht von der Masse ab.
Mehr Mut zur Eigenwilligkeit
Es braucht mehr Mut zur Eigenwilligkeit. Zappos, ein amerikanischer Schuh- und Mode Online Shop ist das beste Beispiel für eine gute Kundenorientierung. Diese Kultur steht auch im Fokus des Unternehmens. So sehr, dass die Mitarbeiter ihren Kunden sogar andere Shops empfehlen, falls ein bestimmtes Produkt bei Zappos nicht vorrätig ist.
Viele Unternehmen denken, dass sie sich so einen luxuriösen Service nicht leisten können. Auch das ist falsch! Denn eine Unternehmenskultur ist überhaupt erst die Grundlage für den finanziellen Erfolg im digitalen Zeitalter.
Selbstverständlich kann niemand seinen Mitarbeitern die Unternehmenskultur einfach so vorschreiben. Es gibt aber Möglichkeiten sie anzuregen. Wenn Ihr etwas Hilfsbereitschaft und Engagement fördern wollt, lasst die Mitarbeiter Vorschläge machen, wer einen preis für seinen Einsatz und erwünschtes Verhalten verdient hätte.
Die Organisationsstruktur muss natürlich auch zu der Kultur passen. Möchtet ihr zu mehr Eigenverantwortung aufrufen, dann sollte es flache Hierarchien geben und ausreichend Freiraum für selbstständige Entscheidungen. Und wenn diese Entscheidungen in eine Sackgasse führen, ist das auch kein Neck-Breaker. Fehler können nämlich durchaus zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Mit einer positiven Fehlerkultur.
„Aus Fehlern lernt man“
So sagt man, meint aber etwas Anderes. Es hagelt Kritik und schlechte Noten an Schulen für Fehler in Prüfungen, Mahnungen und Gehaltskürzungen im Job. So sollten wir heutzutage aber nicht mehr mit Fehlern umgehen, denn eine positive Fehlerkultur ist gerade jetzt unverzichtbar.
Wer Erfolg will, muss den Spagat zwischen Beständigkeit und Innovation schaffen. Einerseits erfolgreiche Projekte weiterführen und bestehende Potenziale ausschöpfen, andererseits ständig neue Produkte entwickeln, was ohne die nötige Risikobereitschaft nicht funktioniert. Ein solches Kunststück ist nur möglich, wenn die Mitarbeiter wissen, dass ihnen für Fehler nicht der Kopf abgerissen wird.
Um eine fehlerfreudige Einstellung im Betrieb zu etablieren sollte die Führungsetage stets mit gutem Beispiel voran gehen. Wenn Manager und Vorstandsmitglieder offen mit ihren Fehlern umgehen und ihre Erfahrungen und Lernprozesse mit Anderen teilen, werden die Mitarbeiter es ihnen nachtun. Generell wirken sich flache Hierarchien oftmals positiv auf den Umgang mit Fehlern aus.
Diese gute Fehlerkultur muss aber vor allem im Arbeitsalltag gelebt werden. Auch bei kleineren Versehen dürfen die Führungskräfte niemanden verurteilen. Ein Mitarbeiter hat in der E-Mail an eine Kundin den falschen Namen oder die falsche Anrede verwendet? Kein Grund gleich auszurasten. Stattdessen sollte man den Fehler sachlich analysieren und herausfinden wie es dazu kommen konnte und was daran zu lernen ist.
Viele Unternehmen vergeben mittlerweile Preise für „rentable“ Fehler. Einige Firmen organisieren regelmäßige Fuck-Up Nights, in denen sich Kollegen gegenseitig von ihren größten Patzern und Pannen erzählen und erklären was sie davon mitnehmen konnten. Das stärkt das richtige Bewusstsein für Fehler.
Das heisst aber nicht, dass man jemanden eine Krone für Missgeschicke, die man hätte vermeiden können, verleiht. Es braucht gute Fehler, die die Firma tatsächlich voranbringen und bei diesen Fehlern sollte man dann nicht den Fehler machen, sie zu verurteilen.
Transformation 4.0?
Die digitale Transformation ist kein Software Update, dass man einfach so einspielen kann. Man stellt einen Chief Digital Officer ein, stellt ihm alles zu dem Thema auf den Tisch und dann wird das schon. So eben nicht! Die Digitalisierung umfasst einen dermaßen großen Wandel, dass jeder Mitarbeiter daran beteiligt werden muss, wenn es gelingen soll.
Angeführt wird das alles im Idealfall vom Vorstand und der Geschäftsführung. Die Unternehmensführung bestimmt selbstständig, wie die Transformation ablaufen wird, und gibt den Startschuss sobald es losgehen kann. Außerdem ist es von Vorteil, wenn Führungskräfte die neue digitale Kultur auch vorleben und als Erste aktiv werden, wenn z.B. neue Software oder eine andere Art der Zusammenarbeit durchgesetzt wird.
Aber auch die anderen Abteilungen müssen involviert werden. Die Marketingabteilung bspw. ist meistens recht weit vorne mit dabei. Und wenn sie es nicht ist, dann sollte sie sich beeilen, denn digitales Marketing ist logischerweise etwas ganz Anderes, als Broschüren, Kataloge und Flyer zu drucken oder Anzeigen zu platzieren.
Auch die IT Abteilung muss unbedingt mit an Board sein. Hier wird die entsprechende Infrastruktur bereitgestellt, die die digitale Zusammenarbeit überhaupt erst möglich macht. Die Mitarbeiter aus der HR Abteilung wiederum sind dafür zuständig, passende Fortbildungen und Workshops anzubieten und offene Positionen gezielt mit Kandidaten zu besetzen, die den digitalen Wandel mittragen.
Zu guter letzt sollte das Controlling damit rechnen, dass all diese Veränderungen auch Geld kosten, und entsprechende Budgets genehmigen.
Wie bereits erwähnt kann es gut sein einen CDO einzustellen. Er ist aber nicht dazu da, die Arbeit alleine zu erledigen. Falls so ein CDO eingestellt wird, sollte von Anfang an klar sein, dass diese Person ausreichend Befugnisse hat, um veraltete Strukturen aufzudecken und herauszufordern. Meistens sollte der CDO auch Mitglied des Vorstands oder der Geschäftsführung sein.
Das Ziel dieser Maßnahme ist nicht, dass am Ende jeder Mitarbeiter ein Tablet besitzt, programmieren lernt oder eine neue Software benutzt. Digital Leadership bedeutet, ein Unternehmen so zu führen, dass es agil bleibt und auf die Veränderungen reagieren kann, die der gesellschaftliche Wandel mit sich bringt.
Schnell, Schneller, Kunde
Die unendliche Zahl der Möglichkeiten im digitalen Zeitalter kann zuweilen irritierend bis lähmend wirken. Ständig tauchen neue technische Mittel und jüngere Startups mit noch kreativeren Ansätzen auf. Woran soll man sich in diesem Chaos orientieren?
Am Kunden. In einer Welt, in der quasi alles möglich oder wenigstens vorhersehbar ist, kann es extrem schwierig sein, den richtigen Kurs zu finden. Auch hier lohnt es sich mutige neue User anzusteuern, statt die bekannten Wege einzuschlagen. Die Kundschaft und die Unternehmensidentität können dabei als Leuchtturm dienen.
Der Kunde hat meist nichts davon, wenn überall das gleiche gefällige Produkt angeboten wird. Daher zahlt es sich meistens aus, Ecken und Kanten zuzulassen, anstatt zu versuchen es Allen recht zu machen. Das gelingt sowieso Niemandem! Manchmal sind es dann radikale Entscheidungen die wirken – vorausgesetzt sie passen zum Plan des Unternehmens und vorausgesetzt sie werden schnell getroffen.
Ein hohes Tempo ist nämlich die zweite Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg. Wer heutzutage noch Jahre braucht um ein Produkt bis zur Marktreife zu entwickeln, kann eigentlich einpacken. Zum Glück gibt es jedoch Methoden, mit denen man die Arbeit und Entscheidungsprozesse im Unternehmen beschleunigen kann. Starre Langzeiten gehören der Vergangenheit an. Das Trial-and-Error Prinzip bietet sich hervorragend hierfür an.
Die gute Nachricht vorweg, in den meisten großen Unternehmen ist schon alles dafür vorhanden: geschultes Personal, moderne Technologie und ordentliche Budgets. Alles was noch fehlt, sind die guten Ideen und der Mut sie schnell umzusetzen.
Wenn es um die Umsetzung geht, hat sich das Rapid Prototyping als sehr effektiv erwiesen. Manchmal auch das Preprototyping, was der Prototyp eines Prototypen ist. Im Laufe der Entwicklung der Google Glass hatten sich Mitarbeiter Smartphones auf eine Brille geklebt um den Google Glass Effekt zu simulieren. Das kostet kaum Geld, geht schnell und bringt erste Erkenntnisse zum potenziellen Produkt.
Aber Kunden haben leider die Angewohnheit, ihre Meinung und Bedürfnisse zu sehr schnell zu ändern. Daher muss zusätzlich für Flexibilität im Unternehmen gesorgt werden.
Ja, ein nerviges Wort. Flexibilität. Überall wird Flexibilität gepredigt. Aber es ist so! Heute so, morgen so! Wer Erfolg haben will, muss sich an die wechselnden Ansprüche anpassen und flexibel bleiben. Die Einzelperson, wie auch der Betrieb.
Die Märkte werden immer volatiler. Ganze Wirtschaftsbereiche werden innerhalb kürzester Zeit komplett umgekrempelt.
Ein Beispiel: Die Musikindustrie. Streamingdienste haben die CD fast vollkommen abgelöst.
Solche Veränderungen sind selten vorauszusehen und dementsprechend muss die Unternehmensplanung beweglich gehalten und angepasst werden. Inflexible Jahrespläne sind nicht zeitgemäß und Jahresziele müssen durch Monats- oder Wochenziele ersetzt werden. Moderne Tools zur Analyse können dabei helfen.
Zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle kann nicht nur der Hirnschmalz der Mitarbeiter beitragen, sondern auch die Künstliche Intelligenz. Vielleicht wird es noch nicht deutlich wie KI euch im Moment helfen oder unterstützen kann, doch bald wird sie überall zu finden sein. Im Zweifelsfall hat die Konkurrenz vielleicht bereits Etwas entwickelt.
Flixbus hat es mit dem Einsatz einer KI geschafft den Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. Sie haben 170 Programmierer eingesetzt um eine KI zu entwickeln die die Streckendaten auswertet und analysiert. Auf Basis dieser Ergebnisse wurden dann neue Strecken entwickelt die die Kunden zufriedengestellt haben.
Auf welche Weise KI das eigene Unternehmen antreiben kann, erschließt sich meist aus den Daten die man zur Verfügung hat. Diese sollten natürlich sorgfältig behandelt und korrekt erhoben werden.
Fazit
Die digitale Transformation sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Von Heute auf Morgen umsetzen und etablieren, ist unmöglich! Es ist ein Prozess, den man auch garnicht abschließen will, sondern in dem man sich stetig weiter entwickelt. Flexibilität, Mut und Schnelligkeit sind die Fähigkeiten die sich dann auf dem Markt und in jeder Branche durchsetzen werden.